Bollschweil
Bollschweil mag durchfahrenden Menschen wie ein langgestrecktes „Straßendorf “ erscheinen. Doch abseits der Hexentalstraße finden sich viele sehr gemütliche Wohngebiete, die das Leben neben der neuen Ortsmitte mit dem Alten Schulhaus, dem Bolando, alten Rathaus, Marktplatz und Milchhäusle so lebenswert machen. 1974 lebten 1364 Einwohner (aktuell 1995) in Bollschweil auf einer Gemarkungsfläche von 1186 ha.
Historie
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Bollschweil als „Puabilinisvilare“ im Jahre 838 n.Ch., da ein kinderloser Bollschweiler um seines Seelenheiles willen seinen gesamten Besitz dem Kloster St. Gallen schenkte. In seinem Besitz waren damals schon Reben und ein Obstgarten neben Stallungen, Wiesen und Acker. Obst-und Weinbau haben somit eine uralte Tradition! 1807 kam Bollschweil damals mit 411 Einwohnern wie das gesamte Breisgau zum neu geschaffenen Großherzogtum Baden. Vorher war es 600 Jahre lang unter der Adelsfamilie Snewlin Bernlapp von Bollschweil die auch um 1770/80 das Schloss erbauen ließen. Im 19. Jahrhundert gelangte das Anwesen dann an die ursprünglich elsässische Adelsfamilie von Berstett. Das Dorfleben war ansonsten bis zum 2. Weltkrieg von der katholischen Kirche geprägt. Die Verkehrswege waren schlecht ausgebaut und die Gemeinde somit relativ abund in sich geschlossen.
Lebensart
Bollschweil kann vom Ursprung her durchaus als bäuerliche Gemeinde bezeichnet werden, was sich in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Ende des 2. Weltkrieges innerhalb von 30 Jahren deutlich änderte. Die Zahl der viehhaltenden Betriebe reduzierte sich von 90 (1945) auf 47 Betriebe (1977). Die Einwohneranzahl stieg im gleichen Zeitraum von 718 auf 981 Einwohner (1961). 1963 wurde eine Obstbaugenossenschaft gegründet, so dass Technisierung und Mechanisierung in die Landwirtschaft Einzug hielten. Eine „richtige“ Industrialisierung hat es allerdings nicht gegeben, obwohl seit 1920 das Kalkwerk Koch Kalk (ab 1982 Marmorit) mit teilweise 200 Arbeitsplätzen in Ellighofen ansässig war. Seit den 70er Jahren entwickelt Bollschweil sich als attraktive Wohngemeinde, sogar mit Wohngemeinschaften als alternative Lebensform. So veränderte die Gemeine ihr „Gesicht“ durch den Bau von Mehrfamilienhäusern, Straßenbau und Kanalisation mit den bekannten Nachteilen, wenn man zum „Speckgürtel“ einer Großstadt wie Freiburg gehört. Viele Zugezogene wohnen und schlafen „nur“ noch im Ort, leben aber nicht aktiv in der Dorfgemeinschaft. Das kirchliche Leben prägt nicht mehr vorrangig das Dorfleben, es gesellen sich politische und soziale Gruppierungen neben den Vereinen hinzu, wie die Agenda 21 und die Genossenschaft für das Bolando, wodurch endlich wieder ein Dorfgasthaus in Bollschweil vorhanden ist. Ein kulturell offenes Gemeindeleben entwickelt sich rund um den neuen „alten“ Ortskern mit dem regelmäßigen Markt und Begegnungsmöglichkeiten.
Gemeindereform 1970-75
Zu den Vorgaben der Gemeindereform gehörte, dass eine selbständige Verwaltung nur in einer Einheitsgemeinde von mind. 2000 Einwohnern genehmigt wird und diese sich dann einer Verwaltungsgemeinschaft anschließen soll. Durch die Eingemeindung von St. Ulrich kann zwar noch nicht die 2000 Einwohnergrenze „geknackt“ werden, aber es reicht für die Teilselbständigkeit laut Landesbeschluss aus
St.Ulrich
St. Ulrich besticht durch seine landschaftliche Schönheit, welche durch die behutsame bauliche Entwicklung und die Landschaftspflege der Einwohner gestützt wird. Das heutig St. Ulrich besteht seit 1854 als Zusammenschluss von 2 Ortsteilen: St. Ulrich, dessen Häuser sich überwiegend in der Nähe der Kirche befinden und dem Geiersnest, welches sich oberhalb bis zum Gerstenhalm und der Eduardshöhe, also bis 1128m Höhe erstreckt. 1974 wohnten in St. Ulrich 319 Einwohner (aktuell 312) bei einer Gemarkungsfläche von 456 ha.
Historie
1807 gelangten beide Gemeinden zum Großherzogtum Baden und waren politisch bis 1854 getrennte selbstständige Gemeinden, allerdings mit einer sehr engen Verbindung. Beide Gemeinden bildeten eine Pfarrei in St. Ulrich mit Pfarrhaus und Kirche und sie hatten eine gemeinsame Schule in St. Ulrich, was für die Kinder aus dem Geiersnest immer ein ordentliches Stück Weg bedeutete bei Wind und Wetter. Der Amtsbote, Amtsdiener sowie Hebamme und Feuerspritze war für beide Orte ebenfalls gemeinsam zuständig. Als die Kosten für die Verwaltung von kleinen Gemeinden erstmalig zu hoch wurden, kam es in Baden zur ersten Gemeindereform und es war nicht verwunderlich, dass in deren Verlauf Geierstnest und St. Ulrich zusammengelegt wurden. Dies geschah 1854 nach der badischen Revolution. Obwohl Geiersnest mit 217 Einwohnern im Vergleich zu 111 Einwohnern in St. Ulrich mehr Einwohner hatte, wurde der Name der kleineren Gemeinde St. Ulrich als gemeinsamer Name gewählt, da hier der Sitz der Kirche und Schule war.
Namensgebung St.Ulrich
Die Namensgebung von St. Ulrich ist eng an das religiöse Leben und dessen Entwicklung geknüpft. So kommt der Ortsname St. Ulrich vom heiligen Ulrich, welcher in Regensburg geboren wurde und dem Geschlecht der Grafen von Dillingen entstammt. Er lebte als Mönch im Cluniazenserkloster in Cluny im Burgund bevor ihn sein Abt Hugo als Missionar in den Breisgau schickte. Er gründete am Fuße des Geiersnestes im Möhlintal 1087 ein Cluniazenser Reformkloster, nachdem das Bistum Basel dem Kloster Cluny das Gelände übergeben hat. Der Name St. Ulrich wurde aber erst ab etwa 1350 genutzt als die Vogteirechte der Stadt Freiburg an die Habsburger übergeben wurden. 1563 übernahm die Abtei St. Peter das Priorat bis 1806 als Napoleon „Vorderösterreich“ und die damit verbundenen politischen Strukturen auflöst.
Namensgebung Geiersnest
Geiersnest hat seinen Namen wohl von Petrus von Girsnest, einem Freiburger, der beim Kauf eines Waldes in Oberried genannt wird. Unterschiedliche Familien waren dann im Besitz vom Geiersnest bis es 1629 ebenfalls an die Abtei St. Peter verkauft wird. Damit war seelsorgerisch schon eine Einheit geschaffen, da die Vikare von St. Ulrich nun auch für die Menschen im Geiersnest zuständig waren. Das gemeinsame Gotteshaus war die Kirche in St. Ulrich.
Lebensart
Die topographische Lage bedingt wohl die Geschlossenheit der Gemeinde. Es existiert ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl bei dem Nachbarschaftshilfe und Vereinsarbeit wichtige Standbeine neben einer florierenden Gastronomie sind. St. Ulrich pflegt sein kulturelles und kirchliches Leben und ist somit ein „Kleinod“, welches es so gut wie möglich zu bewahren gilt.